Der Sekundenzeiger auf der Uhr rückt
nur im Minutentakt weiter. Mein Kopf quillt über, voller neuer
Vokabeln. Mein Magen fühlt sich an, als würde er gleich implodieren
vor Hunger und meine schweren Lider kämpfen schon seit einer
gefühlten Ewigkeit gegen meinen Geist, der unter allen Umständen
versucht wach zubleiben. Die Konzentration auf den schwachen Körper
gelenkt, höre ich nicht mehr, was der Lehrer sagt, sondern bin im
Geiste bei meinem gemütlichen Bett, welches ich heute Morgen gegen
meinen Willen verlassen musste. Wie schön muss es sein, den ersten
Block ausfallen zu lassen. Die Lider, immer schwerer, lassen mich nur
noch die Hälfte meines eigentlichen Blickfeldes sehen. Mit der Hand
die Augen verdeckend, verstecke ich die Müdigkeit vor den Blicken
des Lehrers und gebe mich ihr widerwillig hin. Jemand lacht in meinem
Kopf.
Der Klang der schrillen Klingel, die
durch das Schulgebäude schallt, rettet mich vor einer neuen Salve
aus fremden Wörtern und Lauten, von denen ich nichts verstanden
hätte.
Der Gang durch die Schule wird zum
Slalomlauf durch kleine und größere Zwerge. Hier ein flüchtiges
„Guten morgen“, da eine schnelle Umarmung, um den Strom der
Wissbegierigen nicht zu stören. Den Blick gesenkt und doch nichts
übersehen. Der Lärmpegel vergleichbar mit einem startenden Flugzeug
vor meiner Nase. Ein Summen und Kreischen aus unverständlichen
Liebesbekundungen und Verwünschungen.
Zehn Minuten später, das Klassenzimmer
erreicht, um auch da von einer grölenden, lachenden und dennoch
vertrauten Menge begrüßt zu werden. Der Magen in den Kniekehlen
hängend, schreit nach Aufmerksamkeit. Ich lasse mich auf meinen
Platz fallen und greife nach der Erlösung. Ein Apfel! Ein Apfel für
quälend lange acht Stunden. Naja, besser als gar nichts. Daran
knabbernd, um bloß nicht zu viel zu vergeuden, dann lieber noch
etwas trinken.
Mein Blick heftet sich auf meine
Mitschüler. Alle einzigartig. Jeder Einzige besonders auf seine Art.
Und in der Menge ein eingespieltes Team, bei dem Versuch, die Lehrer
in den Wahnsinn zu treiben. Die Stunden streichen dahin, ohne einen
bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Die Gedanken schweifen ab. Auf
grüne Wiesen und an weiße Strände, um letztendlich wieder im Grau
der Unterrichtsräumen aufzuwachen. Das Einzige, was zurück bleibt,
ist ein seltsames Gefühl der Leere und des Fernwehs.
Erschöpft und überrannt von den
Nichtigkeiten des Tages, gehe ich nach Hause. Aber auch da gibt es
nicht die gewünschte Erlösung. Ein Stapel an Hausaufgaben und
anderen Arbeiten warten mit drängender Gegenwärtigkeit auf meine
Beachtung. Wieder versuche ich die innere Stimme, den inneren
Schweinehund zu überwinden, doch keine Chance. Das Bett und die
Müdigkeit verzehren sich nach meiner Nachgiebigkeit und stürzen
sich auf meine Schwäche. Und ich – ich gebe nach.
Diese Kurzgeschichte hab ich für die Schülerzeitung geschrieben. Sie ist in der aktuellen Ausgabe, also falls ihr noch mehr lesen wollt, bekommt ihr für 0,50€ unsere Schülerzeitung.
Bye!